Was bisher geschah
Inzwischen haben wir in dieser Artikelserie ja einiges über Infrarotkameras gelernt. Wir kennen die zugrunde liegende Idee und die Methode die zur Temperaturbestimmung angewandt wird. Dann haben wir einen ersten Schritt von der idealisierten Welt in die reale Welt getan und den Emissionskoeffizienten als wichtigen Parameter entdeckt. Zum Schluss wollen wir nun etwas genauer nachvollziehen, wie man von einem Signal am Detektor mit Hilfe der Messgleichung letztlich auf eine Temperatur kommt.
Inhalt der Artikelserie
Teil 1 – Grundlegendes
Teil 2 – Temperaturbestimmung
Teil 3 – Emissionskoeffizient
Teil 4 – Die Messgleichung
Warum das überhaupt wichtig ist
Das Prinzip verstehen wir ja bereits, weshalb jetzt noch eine Gleichung? Nun ja, überlegen wir kurz nochmal was bei einer Messung eigentlich passiert.
Strahlung trifft am Detektor ein und verursacht dort ein Signal mit gewisser Stärke. Aber wo kommt die Strahlung her? Von dem Objekt dessen Temperatur wir bestimmen möchten. Das kann man zwar so stehen lassen, aber man läuft Gefahr ein paar wichtige Subtilitäten zu übersehen wenn man nicht genauer hinsieht.
Langwellige elektromagnetische Strahlung ist ja nichts anderes als Licht dass wir (eigentlich) nicht wahrnehmen können weil unsere Augen keine entsprechenden Rezeptoren aufweisen. Licht kann aber auch reflektiert werden und nur deswegen sehen wir die Objekte die nicht von sich aus Licht abgeben. Aber Reflektion kommt natürlich auch im gesamten elektromagnetischen Spektrum vor, also auch im infraroten Teil davon.
Dies bedeutet, dass ein Teil der Strahlung welche an der Kamera ankommt nicht vom Objekt unseres Interesses abgegeben wurde sondern dort einfach nur reflektiert wurde. Das ist allerdings immer noch nicht alles. Zwischen Kamera und Objekt befindet sich Luft. Und Luft kann – abhängig von der Luftfeuchtigkeit – ebenfalls Strahlung emittieren. Das ist zwar nicht so viel, aber wenn ausreichend viel Distanz zwischen Kamera und Objekt ist dann kann sich das schon aufsummieren.
Aber Luft hat aus einem anderem Grund noch Einfluss: Elektromagnetische Strahlung wird, während sie sich durch Luft fortbewegt, abgeschwächt. Diese Abschwächung wird durch das Lambert-Beer Gesetz beschrieben.
Wie können wir nun herausfinden was tätsächlich vom Objekt kommt und was nur reflektiert oder von der Luft abgegeben oder absorbiert wurde? Damit beschäftigen wir uns in den nächsten Absätzen.
Wieviel Strahlung tatsächlich vom Objekt kommt
Zuerst können wir das Ganze mal in Form einer Gleichung anschreiben um einen Überblick zu bekommen. Das Signal am Detektor setzt sich also aus drei Anteilen zusammen
Die Signalstärke
Das hätten wir auch erwartet – die Gesamtstrahlung die bei der Kamera ankommt ist die Summe aus den drei zuvor beschriebenen Teilen. Also
Wir kennen zur Zeit nur
Um weiter machen zu können beschäftigen wir uns nun damit, was mit Strahlung alles passieren kann wenn sie bei einem Objekt ankommt. Das wird uns im nächsten Schritt dann helfen.
Absorption, Emission, Transmission und Reflektion
Ein paar Dinge hatten wir schon erwähnt ohne genau darauf einzugehen. Hier sind sie nochmals zusammengefasst. Stellen wir uns vor, was mit einem Lichtstrahl der auf ein Objekt trifft passieren kann.
Ein Teil des Lichts wird an der Oberfläche reflektiert werden, ein anderer Teil wird in das Objekt eindringen und transmittiert (wie zum Beispiel sichtbares Licht durch Glas). Aber passiert der Strahl das Objekt verlustfrei? Nein, ein gewisser Anteil wird absorbiert. Je weiter die zurückgelegte Strecke ist, desto mehr wird insgesamt absorbiert werden.

Es gibt für unseren Lichtstrahl an der Oberfläche des Glasplättchens also drei Möglichkeiten: Reflektion
Emission berücksichtigen wir hier nicht mit da wir nur die Möglichkeiten betrachten die es für einen einfallenden Lichtstrahl gibt, der Vollständigkeit halber ist dies aber in obiger Abbildung dennoch eingezeichnet. Letztlich ist diese Gleichung jedenfalls aus der Energieerhaltung ableitbar. Anschaulich hat der ursprüngliche Lichstrahl eine gewisse Intensität
Das Verhältnis zwischen reflektierter und Ursprünglicher Intensität bezeichnen wir nun als Reflektionskoeffizient
und entsprechend gehen wir für die beiden anderen Teilintensitäten vor.
Dividiert man nun Gleichung (2) durch
So weit so gut.
Schritte zur Messgleichung

Das Ziel hier ist einmal ausführlich anzuschreiben, von welchen Parametern die Gesamtstrahlung die bei der Kamera eintrifft abhängt. Dazu wiederholen wir eine eingangs angeschriebene Gleichung:
Die Strahlungsleistung die bei der Kamera insgesamt eintrifft ist die Summe der Strahlung die vom Untersuchungsobjekt ausgeht
Zunächst aber noch eine Erinnerung: Die durch einen schwarzen Körper abgegebene Strahlungsleistung ist
mit
Strahlungsleistung des Versuchsobjekts
Um den ersten Term der Messgleichung zu erhalten, verwenden wir ein paar Dinge, die wir im letzten Eintrag dieser Serie gelernt haben. Zum Beispiel nehmen wir an, dass sich unser Untersuchungsobjekt wie ein grauer Körper mit Emissionsgrad
Hierbei steht
Reflektierte Strahlungsleistung aus der Umgebung
Auf ähnliche Weise können wir uns überlegen, wie wir die am Untersuchungsobjekt reflektierte Strahlung die aus der Umgebung kommt quantifizieren. Mit Umgebung ist hier tatsächlich das Umfeld in dem wir unsere Messung durchführen gemeint. Das kann das Labor sein oder ein offenes Feld mit klarem oder bewölktem Himmel. Hier ist die Strategie so, dass wir die Umgebung näherungsweise als schwarzen Körper der Temperatur
Hier ist
Um dies nochmal hervorzuheben – die Umgebung wird also durch nur einen Parameter beschrieben – ihre Temperatur
Von dazwischenliegender Luft emittierte Strahlungsleistung
Somit bleibt als letzte Größe der Einfluss der Luft zu bestimmen. Wir finden ein bekanntes Vorgehen wieder – auch hier nehmen wir an, dass sich die Luft wie ein grauer Körper verhält. Somit ist
Wie zuvor formen wir zunächst um. Für Luft nehmen wir an, dass diese die Strahlung nicht reflektiert, also
Wenn wir nun all diese hergeleiteten Terme in Gleichung (3) einsetzen sind wir bei der Messgleichung angekommen.
Die Messgleichung
Damit gibt es 4 Parameter die ermittelt und eingestellt werden müssen um die Voraussetzung für eine akkurate Temperaturmessung zu schaffen.
- Die Emissivität der Oberfläche des Versuchsobjektes
- Eine der Umgebung zugeordnete Temperatur
(auch „reflektierte scheinbare Temperatur“) - Die Temperatur der Atmosphäre zwischen Kamera und Objektiv
- Der Transmissionskoeffizient der Atmosphäre zwischen Kamera und Objektiv
Der Koeffizient
Natürlich hängt es auch von der jeweiligen Situation ab, welche Faktoren nun einen großen Einfluss haben. Betrachtet man ein im Infrarotbereich hochreflektierendes Material (also
Man sieht also – während zwar das kontaktfreie Messen mit Infrarotkameras jeder Preisklasse als simples „Point and Click“ verkauft wird, gibt es viele Faktoren die bei nicht sachgerechter Handhabung und Bedienung die ermittelten Werde mehr als fragwürdig machen. Korrekt durchgeführte thermografische Messungen hingegen liefern verlässliche Werte – es gibt nur, wie man sieht, einiges zu berücksichtigen.
Auch darüber hinaus kann weiteres Finetuning nötig sein. Die Kamera selbst emittiert (auch in ihrem Inneren) elektromagnetische Strahlung im langwelligen Bereich des Spektrums die auf dem Sensor auftrifft und das Ergebnis beeinflusst. Daher können manche Infrarotkameras gekühlt werden um diese Eigenstrahlung so weit wie möglich zu reduzieren. Die Transmissivität des Infrarotkameraobjektives hat ebenfalls noch Einfluss wieviel von