Am 20.3.2015 wird eine Sonnenfinsternis stattfinden. Während diese in den meisten Regionen Europas nur als partielle (der Mond verdeckt nur Teile der Sonne) beobachtbar sein wird, können Bewohner der Färorinseln oder von Svalbard eine totale Verdeckung genießen. In diesem Artikel wird es darum gehen, welcher Voraussetzungen es – von der Erdoberfläche aus gesehen – bedarf damit die Sonne vom Mond tatsächlich verdunkelt wird. Abschließen werden wir mit ein paar Beobachtungstipps.
Dieser Artikel wurde nach seiner Veröffentlichung nochmals editiert, die vorgenommenen Änderungen sind am Ende des Artikels zusammengefasst.
Scheinbare Größe von Mond und Sonne
Es erscheint vielleicht unglaublich, aber wir haben Glück in einem Zeitalter zu leben in dem wir totale Sonnenfinsternisse beobachten können. Von der Erde aus gesehen haben nämlich beide Himmelskörper beinahe dieselbe Größe. Aufgrund der elliptischen Orbits kann diese zwar variieren, aber es läuft sich dennoch darauf hinaus, dass die beiden Scheiben am Himmel ähnlich groß erscheinen. Werfen wir einen Blick auf den Abstand Erde-Sonne und Erde-Mond übers Jahr hinweg:
Dabei können wir gleich ein paar Beobachtungen machen. Der Abstand von Erde-Sonne hat eine Periode von ca. einem Jahr. Klar, aus diesem Grund ist unser Kalender so wie er ist – einmal im Jahr umkreist die Erde die Sonne. Während auf der Nordhalbkugel Winter herrscht ist die Erde der Sonne am nächsten, im Sommer ist die Entfernung am größten. Die Jahreszeiten kommen tatsächlich ja hauptsächlich über den unterschiedlichen Einfallswinkel der Sonnenstrahlung zustande. Im Winter ist die Nordhalbkugel von der Sonne weggeneigt während sie ihr im Sommer zugeneigt ist.
Im Fall des Mondesabstands beträgt die Periode in etwa 27 Tage. Allerdings sind Minimal und Maximalabstand noch zusätzlichen Schwankungen unterworfen. Dies liegt daran, dass die Mondbahn Störungen durch – zum Beispiel – den gravitativen Einfluss der Sonne unterworfen ist.
Diese variablen Abstände wirken sich auch durch eine kleine Änderung in der scheinbaren Größe aus:
Die y-Achse gibt dabei die scheinbare Größe in Bogenminuten an. Eine Bogenminute entspricht $1/60^o$. Das faszinierende ist, dass trotz der Gegensätze der zwei Himmelskörper – die riesige Sonne und der kleine Mond – beide von der Erde aus aufgrund der unterschiedlichen Abstände beinahe gleich groß am Himmel erscheinen. Im Detail betrachtet ist der Durchmesser der Sonne etwa vierhundert mal so groß wie der des Mondes. Allerdings ist die Sonne auch fast genau vierhundert mal so weit weg wie der Mond. Deswegen ergibt sich fast dieselbe wahrgenommene Größe.
Da sich der Mond aber langsam von der Erde entfernt (und somit scheinbar immer kleiner wird) wird dies nicht ewig so bleiben, und irgendwann gehören totale Sonnenfinsternisse der Vergangenheit an.
Die scheinbare Größe $\theta$ kann in erster Näherung leicht über trigonometrische Überlegungen abgeschätzt werden. Es ist
\[\theta = 2 \arcsin{\left( \frac{r}{d} \right)}\]
wobei $r$ der Radius des Himmelskörpers ist und $d$ der Mittelpunktabstand von Erde und Himmelskörper.
Was für weitere Voraussetzungen müssen für eine Sonnenfinsternis gegeben sein?
Neumond
Machen wir mit einer vielleicht im Nachhinein offensichtlich erscheinenden Feststellung weiter. Eine Sonnenfinsternis kann nur stattfinden wenn gerade Neumond ist. Neumond wird jene Mondphase genannt in welcher dieser sich in seinem Orbit am nächsten bei der Sonne befindet und somit Nachts nicht sichtbar ist.
Formulieren wir dies nun etwas exakter: Tatsächlich liegt ein Neumond dann vor wenn die Rektaszension $\alpha$ von Mond und Sonne gleich sind. Die Rektaszension ist nichts anderes als ein Winkel, ähnlich der Längengrade, nur beginnt man die Messung bei einem Meridian der durch den Frühlingspunkt auf der Himmelssphäre verläuft. Nochmal zur Unterscheidung: Bei den Längengrade beginnt man auf der Erdoberfläche in Greenwich am Nullmeridian zu messen, für Sterne und Planeten auf der Himmelssphäre beim Meridian der durch den Frühlingspunkt geht.
Die Himmelssphäre
Die Himmelssphäre ist ein recht nützliches Konzept – denn von der Erdoberfläche aus sieht es für uns ja so aus, als würden alle Sterne sich um uns herum drehen (abgesehen vom Nordstern, welcher fast exakt oberhalb der irdischen Rotationsachse steht). Das macht eine allgemeingültige Positionsangabe unnötig aufwändig – es wäre schön wenn man die Erdrotation vorerst nicht mitberücksichtigt. Auf der Himmelssphäre stehen daher alle Sterne fix (daher der Ausdruck Fixsterne). Nur Sonne, Mond, Planeten und andere Objekte in unserem Sonnensystem bewegen sich darauf.
Das hierbei verwendete Koordinatensystem nennt sich sperrig sphärisches geozentrisches nichtrotierendes äquatoriales Koordinatensystem. Wir setzen uns in diesem quasi in den Erdmittelpunkt, und zwar so, dass über uns dann direkt der Nordpol liegt, und um uns herum der Äquator. Der zuvor erwähnte Frühlingspunkt liegt am Äquator und ist unser Nullpunkt für Rektaszensionwinkelmessungen. Um uns herum dreht sich innerhalb eines Tages die Erde.
Ok, was ist nun der Frühlingspunkt? Wenn es auf der Nordhalbkugel Winter ist steht die Sonne von der Erdoberfläche aus gesehen unterhalb des Äquators. Im (Nordhalbkugel) Sommer hingegen befindet sie sich darüber. Dazwischen muss sie den Äquator also irgendwann überqueren, und zu dem Zeitpunkt wo das geschieht beginnt definitionsgemäß der Frühling. Der Punkt auf dem Himmelssphärenäquator wo die Sonne sich dann befindet wird Frühlingspunkt genannt – dort ist der Rektazensionswinkel $0^o$. Aber manchmal sagen ein Bild und ein Video mehr als 1000 Worte, sehen wir uns also beides an:
Damit das vielleicht etwas besser vorstellbar ist sehen wir uns das Ganze in bewegter Form an. Mit jedem Tag wandert die Sonne ein bisschen weiter:
Hier sehen wir wie die Sonne beginnend ab Frühlingsbeginn auf der Himmelssphäre vom Frühlingspunkt weg entlangwandert und sich ihre Rektaszension immer weiter vergrößert. Auch der Winkel zwischen Sonne und Himmelsäquator vergrößert sich im Verlauf des Frühlings. Während sich die Sonne am Frühlingspunkt befindet ist dieser Deklination genannte Winkel $0^o$. Zur Sommersonnenwende erreicht er schließlich sein Maximum mit $23.43^o$. Danach wandert die Sonne wieder Richtung Südhalbkugel, überquert den Herbstpunkt und zur Wintersonnenwende beträgt die Deklination $-23.43^o$.
[expand title=“Genaugenommen…“]
…ist der Frühlingspunkt aber nicht immer an derselben Stelle. Da die Erdsachse eine Präzession mit einer Periode von etwa $26\;000$ Jahren vollführt ist dieser einer langsamen aber stetigen Änderung unterworfen. Rektaszension die zB. um 1900 ermittelt wurden sind auf einen anderen Frühlingspunkt bezogen und es wird daher immer die sogenannte Epoche noch mit angegeben.
Noch genauer genommen wird die Rektaszension auch nicht in Grad gemessen sondern in Stunden und bezieht sich auf den Frühlingszeitpunkt und nicht auf einen Ort. Auf all dies aber weiter einzugehen wäre wahrscheinlich einen eigenen Artikel wert.
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Ein Neumond ist also deswegen ein Kandidat für eine Sonnenfinsternis weil vom Erdmittelpunkt aus gesehen Sonne und Mond in diesselbe horizontale Richtung liegen (gleiche Rektaszension). Das alleine ist aber noch nicht ganz ausreichend, denn sonst könnten wir zu jedem Neumond eine Sonnenfinsternis beobachten. In den meisten Fällen zieht der Mond aber ungesehen oberhalb oder unterhalb der Sonne vorbei. Nur wenn während eines Neumondes von einem Punkt an der Erdoberfläche aus gesehen beide auch noch auf der gleichen Höhe liegen verdunkelt sich auch tatsächlich die Sonne.
Die Position auf der Erdoberfläche
Überlegen wir uns kurz noch folgendes. Was sehen wir wenn wir die Sonne von verschiedenen geographischen Breiten (verschieden weit nördlich oder aber auch südlich vom Äquator) aus beobachten? Also sagen wir Mitte April etwa von Marrakesh, Dublin und Jan Mayen (kleine Insel im Nordatlanik) aus. Die geographischen Breiten sind 30°, 50° und 70°. Die Bahnen der Sonne am selben Tag sehen dort jeweils so aus:
Wir stellen fest: Je weiter nördlich wir gehen desto niedriger steht die Sonne am Himmel. Wir sehen aber auch, dass auf Jan Mayen die Sonne im April fast schon nicht mehr untergeht, nur mehr wenige Grad liegt sie Nachts unterhalb des Horizonts. Das ist auch nicht so überraschend, denn die Insel liegt bereits nördlich des Polarkreises.
Eine ähnliche Graphik könnte man auch für den Mond plotten. Und wenn Sonne und Mondscheibe sich zu einer Uhrzeit überlappen entspricht dies einer Sonnenfinsternis. Allerdings muss für den Mond noch ein weiterer Effekt mitberücksichtigt werden, und zwar die Parallaxe.
Diese ist zumeist vom Auto- oder Zugfahren bekannt. Teile der Landschaft die weiter entfernt sind ziehen scheinbar langsamer vorbei als Teile die näher bei uns liegen. Wandert man nun vom Äquator nordwärts tritt derselbe Effekt für den Mond ein. Die weiter entfernte Landschaft ist dabei die Sonne, ihre Parallaxe ist daher fast vernachlässigbar, und die näher liegende der Mond. Die Position des Mondes ändert sich also noch zusätzlich zu der ohnehin auftretenden „Verschiebung“ die einfach durch das nördlich wandern auftritt.
Treffen nun all diese Voraussetzungen von einem Punkt an der Erdoberfläche aus gesehen aufeinander kann man dort als Beobachter das wunderbare Schauspiel einer Sonnenfinsternis beobachten.
Sonnenfinsternis 20. März 2015
Wie bereits eingangs erwähnt wird diese in Zentraleuropa nur als partielle Finsternis sichtbar sein. Der Mond verdeckt also einen Teil der Sonne und nicht die Komplette. In Wien beginnt der Mond um 09:36 vor die Sonne zu wandern, die maximale Verdeckung von 63% ist um 10:45 zu erwarten. Das Schauspiel endet schließlich um 11:57. Hier die exakten Werte für einige Orte in Österreich (Quelle astroinfo – hier finden sich noch weitere Informationen und auch für andere Städte in Europa entsprechende Tabellen.)
Ort | Beginn | Mitte | Grösse | Ende |
---|---|---|---|---|
Wien (und ca. Eisenstadt) | 9:36 | 10:45:41 | 69.7% | 11:57 |
Salzburg | 9:31 | 10:40:39 | 71.8% | 11:52 |
Innsbruck | 9:29 | 10:37:45 | 72.4% | 11:49 |
Graz (und ca. St. Pölten) | 9:33 | 10:42:48 | 68.6% | 11:54 |
Linz | 9:34 | 10:43:01 | 71.6% | 11:54 |
Klagenfurt | 9:32 | 10:40:44 | 68.8% | 11:52 |
Feldkirch | 9:27 | 10:35:21 | 73.8% | 11:47 |
Wenn möglich lohnt es sich einer Veranstaltung eines Astronomievereins oder einer Sternwarte beizuwohnen. Dort gibts hochwertige Teleskope mit denen man einen besonders guten Blick auf die Sonne werfen kann. Diese sind mit professionellen Sonnenfiltern ausgestattet um Schädigungen der Augen zu vermeiden. Das führt auch gleich zu einem weiteren Thema: Man sollte die Finsternis auf gar keinen Fall mit dem bloßen Auge beobachten, auch nicht mit verrußten Gläsern oder mehreren Sonnenbrillen. Noch gefährlicher ist die Verwendung von Ferngläsern oder anderen optischen Hilfsmitteln – selbst ein kurzer Blick kann bleibende Schäden verursachen.
Um sich das Spektakel dennoch ansehen zu können werden im allgemeinen Finsternisbrillen empfohlen. Entweder beim Optiker fragen ob diese geführt werden oder online bestellen zum Beispiel bei Teleskop-Express, Baader-Planetarium oder CalSky. Aber auch bei den lokalen Sternwarten nachfragen, manche verkaufen im Vorfeld von Sonnenfinsternissen welche!
Damit sind wir auch am Ende dieses Artikels angelangt. Jetzt bleibt nur mehr eines – hoffen, dass das Wetter am 20.3. gut wird.
Links
Kuffner Sternwarte – Informationen über Beginn und Verlauf der Finsternis.
astro info – Detaillierte Informationen zur Sonnenfinsternis 2015
Crash Course in Astronomy – Eclipses (Englisch) – Anschauliche Erklärung zu Sonnenfinsternissen von Phil Plait.
Editierungen
- 18.03.2015 – Neue Bezugsquellen für Sonnenfinsternisbrillen hinzugefügt.
- 21.03.2015 – Die Grafik welche den Sonnenstand für Orte verschiedener geographischer Breite anzeigt hatte auf der x-Achse eine fehlerhafte Beschriftung und wurde ausgetauscht. Der Text für die Markierung welche ursprünglich auf „Südosten“ lautete sollte „Osten“ heissen, die für „Osten“ auf „Norden“, „Südwesten“ auf „Westen“ und „Westen“ auf „Norden“.